Otto M. Zykan


Biographisches...

Otto M. Zykan (1935 - 2006) war einer der Unangepaßten im österreichischen Nachkriegs-Musikleben. Irgendeiner Gruppierung oder »Richtung« war er nicht zuzuordnen. Er wollte wohl auch nur sich selbst gehören, hat sogar meist verhindert, daß seine Musik irgendwo einstudiert wurde, wo er die Arbeit nicht überwachen konnte.

Stilistisch ist es ihm gelungen, aus dem grauen Einheits-Ton der Avantgarde nach 1945 auszubrechen. Wiewohl er in seinen Anfängen von Arnold Schönbergs Schule und der sogenannten Zwölftonmethode beeinflusst war.

Den Fängen des auf Punkt und Sechzehntelnote durchkonstruierten Serialismus, wie er in Zykans Jugend auf diversen, im wahrsten Sinne des Wortes tonangebenden Ferienkursen und Festivals gepredigt wurde, war er bald entkommen.

Jenseits jeglicher Konvention

Er sehnte sich nicht nur im wirklichen Leben sondern auch in seiner Kunst nach Freiheit. Entsprechend kunterbunt nimmt sich auch sein Werk-Katalog vor, denn nicht nur Zykans Musik, auch die Darbietungsformen sollten sich jenseits jeder Konvention bewegen.

So drang die Kunde über Zykan-Konzerte, an deren ungewöhnlichem Zuschnitt auch die Ausführenden ihren Spaß hatten, rasch an die Öffentlichkeit. Noch heute zitieren Wiener Musikfreunde einen von Zykans berühmtesten Werk-Titeln.»Singers Nähmaschine ist die beste«, in einem Jeunesse-Programm des Jahres 1966 im Konzerthaus vor einem kleinen Kreis Eingeweihter zu erleben, wurde zum geflügelten Wort.

Elf Jahre später machte Zykans »Staatsoperette«, eine freche TV-Satire um die österreichische Politik der Zwischenkriegszeit Skandal. In jener Zeit konnten freilich alle Zykan zitieren, ohne zu wissen, dass sie es taten: Manche seiner originellen Werbespots schrieben PR-Geschichte.


Zykans Welt

Am Beispiel der Cellokonzerte

Ganz und gar nicht provokant und in gewohnter Konzert-Situation präsentabel waren Zykans beide Cello-Konzerte, »Auf der Suche nach konventionellen Gefühlen« hieß das erste, »Beethovens Cello« das zweite. Beide hat Heinrich Schiff uraufgeführt, das zweite sogar ein Jahr vor Zykans Tod mit den Wiener Philharmonikern unter Zubin Mehta.

Die beiden Aufführungen sind nun auf einer CD dokumentiert und lassen hören, welche Musik dieser Künstler machen wollte: Der Titel des ersten Konzerts führt uns auf die Spur: Da ist jemand auf der Suche. Auf der Suche nach dem »fernen Klang«, nach den eigenen Emotionen, die dieser Klang beschreiben soll, auf der Suche nach Möglichkeiten, in Zeiten wie diesen überhaupt noch Emotionen in Kunst zu verwandeln.

Die hochfahrenden Gesten, mit denen das Konzert beginnt, und die Schiff mit der ihm eigenen Energie beredt herausmeißelt, katapultieren den Hörer in eine freie Umlaufbahn um die althergebrachten musikalischen Ausdrucksgesten. Als würde man sie von weit weg beobachten, prüfen, verwerfen oder neugierig annehmen und nach Gutdünken verwandeln.

Freie Musik

Zykan gelang tatsächlich »freie Musik«, die ihre eigene Bahn findet und den willigen Hörer zu einer Reise mit völlig unbestimmten Ziel einlädt - hinaus aus der Enge jedenfalls. Verträumt geht dieses Konzept auch im Mittelsatz auf, der nach und nach aufbegehrt, dann aber wieder grübelnd in sich zusammensinkt; um einem Finale von höchster rhythmischer Energie zu weichen.

Die Fragezeichen, wiederum drei in Anlehnung an die klassische Konzerform, hat Zykan dann auch in seinem »Beethoven«-Stück formuliert. Zurückkommend auf die frühe Faszination, die Beethovens »Eroica« auf ihn ausgeübt hat in ihrer kühnen, wohl auch tatsächlich »freien« Mixtur aus großen Gefühlen, Schmerz und (im Scherzo) überschäumender Lebensbejahung.

Auch Zykan fand für sein Gestalten-Sammelsurium erstaunlich konzise formale Lösungen. Dank exzellenter Interpretationen, natürlich vom Komponisten überwacht, kann man sie jetzt nachhören.

↑DA CAPO